Dienstag, 28. Februar 2012

Arbeitsunfall Gedächtnisverlust

Um Leistungen aus einem Arbeitsunfall zu erhalten, muss mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nachgewiesen werden, dass ein Arbeitsunfall vorliegt. Dass dies nicht immer einfach ist, besonders bei Gedächtnisverlust, zeigt der vom Bundessozialgericht (AZ: B 2 U 2/11 R) entschiedene Sachverhalt.

Ein LKW-Fahrer fiel auf, nachdem er nach einer längeren Pause auf einem Rastplatz am Abladeort ankam und dortigen Mitarbeitern desorientiert und bewusstseinsgetrübt erschien. Ein Arzt stellte ein Schädel-Hirn-Trauma sowie Gedächtnisverlust fest. An ein Unfallereignis hatte er keinerlei Erinnerung.

Nun ging es darum, dass dieser "Unfall" als Arbeitsunfall anerkannt wird, was die zuständige Berufsgenossenschaft ablehnte. Es sei nicht bewiesen, dass der Unfall sich während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe.

Mit seiner Klage hatte der verunfallte LKW-Fahrer keinen Erfolg. Es seien keine Tatsachen vorgetragen, dass der Unfall sich während der versicherten Tätigkeit ereignet habe.

Dienstag, 14. Februar 2012

psychische Folgen einer Berufskrankheit und die Rente

Eine Laborassistentin zog sich während ihrer beruflichen Tätigkeit eine chronische Leberentzündung (Hepatitis) zu. Seit Dezember 1993 erhielt sie von der Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H..

Nach verschiedenen Untersuchungen vertrat die Berufsgenossenschaft die Auffassung, durch die medikamentöse Behandlung sei es zu einer vollständigen Ausheilung gekommen und ziog die Rente ab Juni 2009 ein. Die Laborassistentin begehrte weirtere Rentenzahlung unter Hinweis darauf, dass sie körperlich und seelisch wenig belastbar sei und weiterhin unter Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Interessenverlust und depressiver Verstimmung leide.

Das Sozialgericht Detmold (Az.: S 14 U 161/09) hat die von der Laborassistentin benannten Beeinträchtigungen als Folge der Berufskrankheit eingeordnet und ihr die Verletztenrente zugesprochen.

Die psychischen Folgen seien als mittelbare Schädigung der antiviralen Therapie oder der Hepatitis anzusehen, selbst wenn es mit Hilfe der Medikamente gelungen ist, den Zerstörungsprozess der Leberzellen zu stoppen. Für das Vorliegen anderer die Symptome erklärender Erkrankungen bestünden keine Anhaltspunkte.

Auch mit Kritik an der Berufsgenossenschaft hält sich das Sozialgericht nicht zurück. Hätte die Berufsgenossenschaft nicht die rein somatische Betrachtung in den Vordergrund ihrer Beurteilung gestellt, wäre eine positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs durch frühzeitige psychotherapeutische Begleitung möglich gewesen.

Montag, 13. Februar 2012

Gonarthrose trotz fehlenden belastungskonformen Schadensbildes

Ein seit 1979 als Estrichleger Arbeitender war seit 12. März 2007 arbeitsunfähig. Dessen Krankenkasse erstattete gegenüber der Berufsgenossenschaft ene Anzeige einer Berufskrankheit wegen einer primären Gonarthrose im Kniegelenk beidseits.

Eine Voraussetzung für die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit ist die Kniebelastuzng von mehr als 13.000 Stunden. Dies war unstreitig der Fall. Dennoch lehnte die Berufsgenosschaften eine Anerkennung als Berufskrankheit ab und meinte, eine Gonarthrose müsse das Ausmaß nach Kellgren 2-4 aufweisen (was aber nicht bei beiden Knien der Fall se) und es bestünden mit der Varusfehlstellung und der Adipositas konkurrierende Ursachen.

Auf die Klage vor dem SG Heilbronn (Urteil vom 14.12.2011, S 6 U 1145/09) hin erhielt der Kläger Recht. Dieses Sozialgericht kam zu dem Schluß, dass nach heutigem Erkenntnisstand sich ein belastungskonformes Schadensbild für die Gonarthrose nach Nr. 2112 der Anlage zur BKV nicht definieren liese. Sofern die Mindesteinwirkungsdauer von 13.000 Stunden kniebelastender Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage zur BKV vorliegt, ist eine Gonarthrose hinreichend wahrscheinlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen, es sei denn es liegen Konkurrenzursachen vor, denen gegenüber der Verursachungsbeitrag der versicherten Tätigkeit in den Hintergrund tritt.

Letzteres war nicht der Fall.

Insoweit sind die Ausführungen in der Entscheidungsbegründung Randziffern 26 und 27 für Betroffene interresant.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Unfall unter Alkoholeinfluss = Arbeitsunfall?

Nach dem Sozialgesetzbuch VII ist ein Wegeunfall als Unterart eines Arbeitsunfalles anerkannt (§§ 7, 8 Abs.1 und 2 Nr.1 SGB VII) und eine Berufsgenossenschaft erbringt die entsprechenden Leistungen. Doch was gilt, wenn der Unfall auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause unter Alkoholeinfluss erfolgt? Liegt auch dann ein Arbeitsunfall vor?

Ein bei einer Berufsgenossenschaft Versicherter erlitt auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstätte einen Verkehrsunfall. Er verstarb an der Unfallstelle. Eine um ca. 1 h später durchgeführte Blutentnahme ergab eine Blut-Alkohol-Konzentration (BAK) des Versicherten von 0,93 0/00.

Die Berufsgenosschaft lehnte Leistungen wegen eines Arbeitsunfalles ab und verwies darauf, dass der Unfall rechtlich wesentlich alleine auf eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zurückzuführen sei.

Auf die Klage vor dem SG hin und der anschließenden Berufung musste sich die Berufsgenossenschaft vor dem Bay. Landessozialgericht (14.12.2011, Az.: - L 2 U 566/10) eines besseren belehren lassen. Auszugsweise liest sich das we folgt:

"Neben der BAK muss somit aus weiteren Beweisanzeichen auf alkoholtypische Ausfallerscheinungen und darauf geschlossen werden können, dass der Versicherte wegen der Folgen des Alkoholgenusses fahruntüchtig und damit der Alkoholgenuss die überragende Ursache für das Unfallereignis war (BSG vom 30.01.2007, Az.: B 2 U 23/05 R). Typisch alkoholbedingtes Verhalten ist ein Verhalten, das bei nachgewiesenem Alkoholgenuss nach Lage des Falles anders als mit Trunkenheit vernünftig nicht erklärt werden kann (Ricke, a.a.O., Rdnr.112). Nicht alkoholtypisch sind hingegen die Verhaltensweisen, die, wenn auch objektiv fehlerhaft, bei einer Vielzahl von Verkehrsteilnehmern in vergleichbaren Situationen vorkommen können. Dabei kann das Verhalten vor, bei und nach dem Unfall zu würdigen sein (BSGE 45, 285, 289; BSG vom 30.01.2007 a.a.O.).

Alkoholtypischen Ausfallerscheinungen wurden jedoch durch die Berufsgenossenschaft nicht zur Überzeugung des Gerichtes nachgewiesen. Nach Aufassung des Gerichtes deutete der lange Arbeitstag des Versicherten darauf hin, dass eine "betriebsbedingte" Ermüdung vorlag und unfallursächlich war. Mithin war von einem Arbeitsunfall auszugehen und die Berufsgenosschenschaft muss leisten, insbesondere Halbwaisenrente.