Das BSG (B 4 AS 12/14 R) hat entschieden, dass ein junger Volljähriger SGB
II-Leistungen, die er als Minderjähriger zu Unrecht erhalten hat, nur bis zur
Höhe des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens erstatten muss,
wenn die Voraussetzungen des § 1629a BGB für eine beschränkte Haftung von
Minderjährigen vorliegen.
In dem entschiedenen Fall lebte der zunächst noch
minderjährige Kläger in einem gemeinsamen Haushalt mit seinem Stiefvater,
seiner Mutter und seiner Halbschwester. Alle bezogen laufende Leistungen nach
dem SGB II, die jeweils der Stiefvater des Klägers beantragt hatte. Da der
Stiefvater angegeben hatte, dass der Kläger Schüler sei, berücksichtigte das
Jobcenter nur das Kindergeld als Einkommen. Das Jobcenter erfuhr erst im
Nachhinein durch einen Datenabgleich, dass er die Schule beendet hatte, und
inzwischen als Teilnehmer an einer berufsfördernden Bildungsmaßnahme des
Arbeitsamts eine monatliche Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) erhielt. Daraufhin
berechnete es die Leistungen für die Vergangenheit neu und forderte den
inzwischen volljährigen Kläger auf, die zu Unrecht erhaltenen Leistungen (rund
500 Euro) zu erstatten.
Das LSG Halle hatte entschieden, dass der Kläger die
während seiner Minderjährigkeit bezogenen Leistungen (rund 500 Euro) nicht
erstatten muss.
Das BSG hat die Rechtsauffassung des Landessozialgerichts
bestätigt.
Nach Auffassung des BSG ist die Regelung des § 1629a BGB
entsprechend für Ansprüche auf Erstattung von SGB II-Leistungen anzuwenden, die
an einen Minderjährigen erbracht wurden. Entscheidend sei, dass die Forderung
während der Minderjährigkeit erbrachte Leistungen betrifft und durch eine
pflichtwidrige Handlung des gesetzlichen Vertreters begründet wurde. Beide
Voraussetzungen seien hier erfüllt. Die Mutter des Klägers habe es trotz
entsprechender Information durch den Kläger versäumt, das Jobcenter über die
Zahlung der Berufsausbildungsbeihilfe zu informieren. Hierzu wäre sie als seine
gesetzliche Vertreterin jedoch verpflichtet gewesen. Hätte sie das Jobcenter
informiert, hätte dieses die Leistungen umgehend anpassen können, so dass es
nicht zu einer Überzahlung gekommen wäre. Unerheblich sei es, dass das
Jobcenter den Erstattungsbescheid erst nach dem Eintritt der Volljährigkeit des
Klägers erließ. Andernfalls könnte es allein durch Abwarten erreichen, dass ein
junger Volljähriger die von ihm während seiner Minderjährigkeit bezogenen
Leistungen entgegen § 1629a BGB erstatten müsste. Die entsprechende Anwendung
des § 1629a BGB begünstige auch keine unberechtigte Inanspruchnahme von
Sozialleistungen, weil das Jobcenter den handelnden Vertreter zumindest seit
dem 01.04.2011 über § 34a SGB II n.F. auf Erstattung in Anspruch nehmen kann.